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von
Markus Kosuch
aus dem Buch
"Musikdidaktik - Praxishandbuch für die
Sekundarstufe I und II"
hg. von Werner Jankj. Cornelson Scriptor
Berlin 2005
Seite 177-184 |
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Thema
Szenische Interpretation von Musik
(2005)
Überblick
Was wird gelernt?
In musikalischen Tätigkeiten lernen Schüler
sich erfahrungsbezogen mit Musik auseinander zu setzen,
indem sie (gestisch) singen, Musik machen, diese befragen
und verfremden und dabei Bedeutung konstruieren. Sie lernen
darüber hinaus Empathie, indem sie sich in fremde
Rollen einfühlen und üben sich bei der Entwicklung
einer gemeinsamen Interpretation in sozialer, kommunikativer
Interaktion.
Wie wird gelernt?
Lernen wird initiiert, indem der Lehrer den Schülern
im Spielprozess ein gemeinsames Erlebnis ermöglicht.
Diese Erlebnisse werden mit den Methoden der Szenischen
Interpretation beobachtet, befragt und verglichen. Durch
das strukturierte Arbeiten in den fünf Phasen (s.u.)
wird das Erlebnis zur Erfahrung verarbeitet.
Was ist die Rolle des Lehrers in einer Szenischen Interpretation?
Der Lehrer versteht sich als Spielleiter = Prozessgestalter.
Er definiert Spielregel für die gemeinsame Arbeit
und eröffnet dadurch Erlebnisräume für
Schüler, Interpretationsmöglichkeiten handelnd
zu erproben. Er gibt keine Interpretation vor und lässt
keine Inszenierungsidee nachspielen. Er initiiert die
Reflexion, bei der die gemeinsamen Erlebnisse des Unterrichtsprozesses
zu Erfahrungen verarbeitet werden können. Die Reflexionen
haben eine persönliche (in Form des Feedbacks) und
eine sachliche Ebene (in dem die eigenen Erlebnisse mit
Texten, Partituren und den Erlebnissen anderer in Beziehung
gesetzt werden).
Wie werden Leistungen beurteilt?
Im Prozess gibt es kein richtig und falsch, sondern nur
präzise oder unpräzise. Eine Haltung die ein
Schüler zur Musik einnimmt kann nicht falsch oder
richtig sein. Sie kann genau sein und von den anderen
Schülern präzise beobachtet werden oder sie
kann ungenau und schwer identifizierbar sein. Eine Bewertung
der Leistung von Schülern ist möglich, wenn
die Situation, in der bewertet wird, klar definiert wird
und die Kriterien der Bewertung offengelegt werden. Die
Arbeit an (Sing-)Haltungen, das Experimentieren mit einer
Rolle muss als Schutzraum unbewertet sein. Die Bewertung
der Präsentation eines Arbeitsergebnisses –
auch das einer Gruppe – ist sehr gut möglich.
Geschichte und Grundlagen
Die Szenische Interpretation von Musik hat ihren Ursprung |
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im erfahrungsbezogenen
Unterricht nach Ingo Scheller und in seinem darin
entwickelten Konzept des Szenischen Spiels, das
er später zur Szenischen Interpretation von
Dramen (Scheller 1989a, 1989b) weiterentwickelte, |
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in der erfahrungserschließenden
Musikerziehung von Rudolf Nykrin (1978) und |
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im tätigkeitspsychologisch
fundierten Handlungskonzept von Wolfgang Martin
Stroh, der Elemente der Tätigkeitspsychologie
der beiden Psychologen Rubinstein und Leontjew entlang
der Diskussion um „musikalische Kommunikation"
auf musikpädagogische Fragen übertrug
(Stroh 1984). |
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Wolfgang M. Stroh griff Schellers Erfahrungsbegriff
auf, bezog ihn auf den Musikunterricht und fundierte die
Szenische Interpretation von Musik wissenschaftlich (Stroh
1985, S. 153). Mitte der 1980er Jahre begannen Versuche,
die Konzeption der Szenischen Interpretation von Dramen
auf Werke des Musiktheaters zu übertragen. Davon
ausgehend gründete Stroh mit Rainer O. Brinkmann,
Markus Kosuch und Ralph Nebhuth den Arbeitskreis „Musik
und Szene" an der Universität Oldenburg. Die
Mitarbeiter entwickelten Spielkonzepte, führten Schulversuche
und Evaluationen durch. Sie engagierten sich in der Lehrerfortbildung
und in Seminaren an Hochschulen und Universitäten
auch in Österreich und der Schweiz. In der Folge
entstand die Schriftenreihe „Szenische Interpretation
von Musiktheater" (1990 ff).
1995 überführte Markus Kosuch die Szenische
Interpretation von Musiktheater in die allgemeine Opernpädagogik
(Kosuch 1997 und 2004), indem er an der Staatsoper Stuttgart
die Modelle „Erlebnisraum Oper" und „Junge
Oper" entwickelte und umsetzte, die erstmals die
Szenische Interpretation von Musiktheater ins Zentrum
der musiktheaterpädagogischen Arbeit eines Opernhauses
rückte und dauerhaft etablierte.
Über das europäische Netzwerk RESEO (www.reseo.org),
das 1997 in Stuttgart gegründet wurde und in dem
die musiktheaterpädagogischen Abteilungen von über
30 europäischen Opernhäusern zusammengeschlossen
sind, fand die Szenische Interpretation von Musik seit
2001 Eingang in die Unterrichtstätigkeit von Lehrern
und Künstlern in Finnland, Italien, Schweden, Dänemark
und Großbritannien.
Das Institut für Szenische Interpretation von Musiktheater
(ISIM), von Brinkmann, Kosuch, Anne-Kathrin Ostrop und
Stroh 2001 in Berlin gegründet, widmet sich der Forschung,
Evaluation und Verbreitung des Ansatzes der Szenischen
Interpretation von Musik.
Die Szenische Interpretation von Musiktheater rückten
2001 Brinkmann an der Staatsoper unter den Linden/Berlin
und 2003/2004 Ostrop an der Komischen Oper/Berlin ins
Zentrum der musiktheaterpädagogischen Arbeit der
beiden Opernhäuser.
Im gleichen Zeitraum entstanden an der Universität
Oldenburg Spielkonzepte zur Szenischen Interpretation
von Liedern (z.B. Winterreise/Schubert und zu Klezmer-Musik)
und zur interkulturellen Musikpädagogik.
Das ist Szenische Interpretation
von Musik
"Szenisches Spiel" ist eine heute weit verbreitete
Bezeichnung für alle Arten der pädagogisch inszenierten
Darstellung von Inhalten (mit und ohne Musik) durch Teilnehmer
im Klassenunterricht unter wesentlicher Zuhilfenahme der
Elemente des Körper- und Bewegungsausdrucks sowie
der Körpersprache.
Zwei Faktoren sind somit notwendig zu dieser Art szenischen
Spiels: |
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zum einen die "Inszenierung",
d.h. die pädagogische Intention und Leitung
durch eine Prozessorganisator (= Spielleiter), wodurch
das "Spiel" nicht Selbstzweck, Erholung,
Ausgleich oder just fun, sondern eine Lernform ist; |
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um anderen das szenische Moment, das Körperausdruck,
Bewegung und Darstellung gleichsam an eine "Szene"
bindet, sie zu einem sinnvollen Ablauf zusammenfügt
und auf diese Weise die Lerninhalte hervorbringt. |
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Das szenische Spiel ist eine Methode
erfahrungsbezogenen Lernens.
Teilnehmer eignen sich im szenischen Spiel "Realität"
an, haben zunächst spielend "Erlebnisse"
und verarbeiten diese – ebenfalls szenisch - zu
"Erfahrungen".
Die "Szenische Interpretation" bedient sich
der Mittel des szenischen Spiels zum Zwecke der Aneignung
von komplexeren Stücken der fiktionalen und "wirklichen"
Realität, zur Aneignung von Musikstücken, Musiktheaterwerken,
von Liedern oder alltäglichen Begebenheiten. Als
Interpretationsmethode steht sie in Konkurrenz zu anderen
Methoden der Interpretation, im Falle der fiktionalen
Realitäten denjenigen der Philologie, Literatur-
oder Musikwissenschaft, der Hermeneutik, der didaktischen
Interpretation, der Exegese usw. Als Interpretationsmethode
ist die Szenische Interpretation "gemäßigt
konstruktivistisch", da die Interpretation von den
Spielern selbst erarbeitet und da die Bedeutung eines
Stücks fiktionaler Realität nicht "herausgefunden",
sondern aufgrund der individuellen Lebenserfahrung "konstruiert"
wird. Diese Konstruktion findet unter Anleitung eines
Pädagogen statt, die nicht die zu konstruierenden
Bedeutungen, sondern nur die "Spielregeln" des
Konstruierens vorgibt.
Die Interpretation entsteht im Spannungsfeld von |
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dem Musikstück, dem Musiktheaterwerk
oder dem Lied (dem äußeren Gegenstand
der Interpretation), |
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dem biographischen und sozialen Hintergrund der
Teilnehmer (den Interpretierenden), |
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der Art, wie interpretiert wird, in welchem Kontext
und mit welchen Mitteln (der Interpretationsmethode). |
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Diese drei Ebenen durchdringen sich und
bilden den Interpretationsrahmen. In diesem Rahmen entsteht
Bedeutung bzw. wird Bedeutung konstruiert.
Szenisches Spiel und Szenische Interpretation grenzen
sich somit vom darstellenden Spiel, von "Musik und
Bewegung", von der Ausübung von Bewegungsliedern,
von körperorientierter Rhythmusarbeit, vom Einstudieren
einer Szene zwecks Aufführung, vom Nachspielen einer
vorgegebenen Inszenierungsidee, von Psychodrama und anderen
Verfahren ab, in denen nicht die Konstruktion von Bedeutungen
fiktionaler Realität im Mittelpunkt des pädagogischen
Geschehens steht. Die in der Szenische Interpretation
verwendeten Methoden des szenischen Spiels benutzen Verfahren
all’ jener Methoden. Sie setzen sie aber zu einem
anderen Zweck und letztendlich doch auch mit anderer Akzentuierung
ein (zusammengefasst nach Brinkmann, Kosuch, Stroh 2001,
S. 7-8).
Die Szenische Interpretation von Musik lässt sich
in eine systemisch-konstruktivistische Pädagogik
(Reich 2000) einbetten und begründen (Kosuch 2004,
Kapitel 2). Die Arbeitsphasen und Methoden einer Szenischen
Interpretation und die darin initiierten musikpädagogischen
Prozesse können aus den drei von Reich formulierten
Perspektiven motiviert, beschrieben und analysiert werden,
aus der Perspektive |
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der Konstruktion (Erfindung) „Wir
erfinden unserer Wirklichkeiten", |
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der Rekonstruktion (sammelnde Wiedergabe) „Wir
entdecken unserer Wirklichkeiten" und |
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der Dekonstruktion (Enttarnung) „Wir verstören
unsere Wirklichkeiten". (Reich 2000, S.143-145
und Überblick bei Jank/Meyer 2003 S. 293-297) |
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Die Szenische Interpretation, so wie
sie von den Autoren Brinkmann, Kosuch und Stroh vertreten
wird und in konkreten Spielkonzepten ihren Ausdruck findet,
erfüllt die drei von Reich formulierten drei Postulate: |
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So viel Konstruktion wie möglich!"
(Reich 2000, S.122-133), |
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„Keine Rekonstruktion um ihrer selbst willen!"
(ebenda 2000, S. 133-140), |
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„Keine Konstruktion ohne Ver-Störungen!"
(ebenda 2000, S.140-142). |
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(Zur Analyse von Spielkonzepten siehe
Kosuch 2004, S. 189-199)
Ziel der Szenische Interpretation ist die Aneignung von
Wirklichkeit über musikalische Tätigkeiten.
Musikalische und außermusikalische Lernziele
Die Szenische Interpretation grenzt sich von einem Lernziel
ab, das „Musik lernen" als (Gesamt-)Ziel von
Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen sieht. Ziel
der Szenischen Interpretation von Musik als Konzept des
handlungsorientierten Unterrichts an allgemeinbildenden
Schulen ist die erfahrungsbezogene Interpretation eines
Stücks fiktionaler Realität. Die Aneignung von
Wirklichkeit findet durch die Konstruktion von Bedeutung
in der vom Spielleiter inszenierten Lernarbeit statt.
Es ist also ein Lernen am Gegenstand Musik, um in sozialkommunikativer
Weise im Prozess der Interpretation eine Bedeutung zu
konstruieren und damit zur Persönlichkeitsbildung
beizutragen. Bei einer Szenische Interpretation eines
Liedes beispielsweise geht es darum, zu erfahren, wie
ein Lied in sozialhistorischen, politischen oder gesellschaftlichen
Kontexten gesungen wird oder wurde und wie Menschen mit
diesem Lied etwas über die Wirklichkeit aussagen.
Dabei singen Schüler ebenfalls, indem sie mit Sing-Haltungen
und stimmlichen Ausdrucksformen in konkreten Situationen
und (fremden) Rollen experimentieren. Das sogenannte „richtige"
Singen ist dabei aber nur eine von vielen Sing-Haltungen
(s.u.), die Schüler in dieser musikalischen Tätigkeit
realisieren können. Auch das korrekte Einstudieren
eines Liedes ist dabei nur eine mögliche Form, ein
Lied zu erlernen.
Genauso wie das Singen, so ist das Musizieren im Rahmen
einer Szenische Interpretation immer an eine sozialhistorische,
politische oder gesellschaftliche (Spiel-)Situation gebunden.
Dementsprechend ist die Arbeitsweise nicht kleinteilig:
Rhythmus einstudieren, Einzelstimme lernen etc, sondern
eher umgekehrt. Es wird von einer (sozialen) Gesamtsituation
ausgegangen, in denen sich Menschen musikalische artikulieren.
Diese musikalische Situation wird zunächst spielerische
erfahren, bevor einzelne Teile für die Konkretisierung
der (musikalischen) Situation erarbeitet werden.
Gestisches Singen und Arbeit an Sing-Haltungen
Das gestische Singen und die Arbeit an Singhaltungen sind
zentrale Methoden der Szenische Interpretation. Dieses
Singen unterscheidet sich grundsätzlich vom chorischen
Singen und tradierten Formen des Gesangs. Bei der Erarbeitung
von Singhaltungen wird immer ein konkreter Bezug zwischen
Lied, Text und Handlungssituation hergestellt, in der
der Gestus der Situation erfasst bzw. konstruiert wird.
Beim gestischen Singen und der Arbeit an Sing-Haltungen
experimentieren die Schüler in der Regel mit unterschiedlichen
Haltungsmöglichkeiten gegeneinander verschoben werden.
So führt die Kombinationsmöglichkeit im schwarzen
Kasten zur tradierten Form des chorischen Singens im Kontext
der Arbeit an Sing-Haltungen.
Zentrale Aspekte der Szenische Interpretation
Für die Szenische Interpretation von Musik konstitutiv
sind:
1. Der Erlebnis- bzw. Erfahrungsbegriff:
„Das Konzept des erfahrungsbezogenen Unterrichts
geht davon aus, dass Schüler durch Erfahrungen lernen
und sogar nur durch Erfahrungen lernen. Alles, was im
Unterricht passiert und keine Erfahrung wird, wird auch
nicht gelernt. Erfahrungen entstehen dabei durch verarbeitete
Erlebnisse und Erlebnisse sind Erinnerungsspuren von Handlungen."
(Stroh 2003a/ S.19)
2. Die Arbeit an Haltung:
Arbeit an Haltung ist eine körperorientierte Diskussionsform.
Sie hat das Ziel, sich in fremde Figuren, Situationen,
Musik einzufühlen und diese zu befragen. Dabei werden
Haltungen veröffentlicht, bearbeitet, modifiziert
und verglichen.
3. Der Rollenschutz:
Durch die Einfühlung in eine fremde Rolle, wird ein
Rollenschutz aufgebaut (Rollenschutzthese). Die Schüler
spielen nicht sich selbst, sondern eine andere Person.
Natürlich greifen sie im Sinne Stanislawskis (Stanislawski
1983, S.73; S.188-197) dabei auf eigene (emotionale und
körperliche) Erfahrungen zurück. Sie haben aber
immer die Möglichkeit sich von der Rolle über
die Ausfühlung zu distanzieren. Diese Distanz macht
es gleichzeitig möglich die Erlebnisse in der Rolle
zu Erfahrungen zu verarbeiten. Die für Schüler
meist fremden Lieder, Instrumentalstücke oder Opernmusik
erhöht den Rollenschutz, da Schüler sich in
der Regel mit dieser Musik emotional nicht identifizieren,
sondern nur die von ihnen gespielte Figur mit der Musik
verbunden ist. Durch den Rollenschutz können Schüler
im Setting der Schule Ängste, Hoffnungen oder tabuisierte
Themen, die normalerweise im Unterricht nicht artikuliert
werden, veröffentlichen und bearbeiten. „Dies
Rollenschutzphänomen ist Kindern und Jugendlichen
keineswegs fremd. Im angesagten Musikbetrieb wird ständig
mit Rollenschutz gearbeitet, werden Rollen übernommen,
gebrochen, verändert, ironisiert und im richtigen
Moment abgelegt. Bei den meisten Spielen – von der
Sandkiste über den Spielplatz bis zum Gameboy –
übernehmen Kinder und Jugendliche bei vollem Bewusstsein
und in gezielter Absicht Rollen." (Stroh 2003b, S.7)
4. Die Rolle des Spielleiters:
Er inszeniert den Lernprozess, indem er Spielregeln definiert.
Er ist nicht Stoffvermittler, sondern Prozessorganisator
(Moderator). Er öffnet den Spiel-Raum, der inhaltlich
von Schülern gefüllt wird und in dem Schüler
ihre (gemeinsame) Interpretation entwickeln, Bedeutung
konstruieren.
„Die Aufgabe der LehrerIn ist nicht, Erfahrungen
zu vermitteln, sondern Erfahrungen zu ermöglichen.
Die LehrerIn tut alles, damit die SchülerInnen Erlebnisse
haben und diese zu Erfahrungen verarbeiten können"
(Stroh 2003a/ S.19)
5. Die Inszenierung des Unterrichts durch den Spielleiter:
Durch die Definition von Spielregeln und die Arbeit in
fremden Rollen, inszeniert der Spielleiter das Unterrichtsgeschehen.
Diese Inszenierungstätigkeit durch den Spielleiter
ist den Schülern in aller Regel bewusst.
6. Das Fünf-Phasen-Modell:
Das Fünf-Phasen-Modell gibt die Struktur für
den Arbeitsprozess in dem Erfahrungslernen im Sinne Schellers
und Strohs initiiert wird (siehe unten).
7. Die Aneignung von Wirklichkeit mit musikalischen Mitteln
und damit die tätigkeitspsychologisch fundierte Handlungsorientierung
nach Stroh über die sich Spielkonzepte motivieren,
beschreiben und analysieren lassen.
Struktur und Methoden – Phasen
der Szenischen Interpretation (5 Phasen Modell)
Die Szenische Interpretation von Musik (Musiktheater,
Liedern und Instrumentalmusik) hat fünf Phasen: Vorbereitung,
Einfühlung, szenisch-musikalische Arbeit, Ausfühlung
und Reflexion. Diese Phasen strukturieren sowohl die einzelne
Unterrichtsstunde als auch eine mehrstündige Unterrichtseinheit.
Von einer Szenische Interpretation (nach ISIM) wird nur
gesprochen, wenn zumindest mit Elementen der Einfühlung,
der Präsentation (Veröffentlichung) im Rahmen
der szenisch-musikalischen Arbeit und der Reflexion gearbeitet
wird. Die Arbeit mit einzelnen Methoden der Szenische Interpretation wie zum Beispiel das mittlerweile weit
verbreitete Standbild-Bauen begründet noch keine
Szenische Interpretation wie sie Brinkmann, Kosuch und
Stroh verstehen.
Die Phasen im einzelnen:
Vorbereitung:
Übungen zum Aufwärmen, zur Spielvorbereitung
und zur Hinführung auf das Thema
Einfühlung:
Die Einfühlung findet statt in historische, örtliche,
musikalische Situationen und in Rollen. Durch die Einfühlung
werden Perspektiven definiert, die den Bezugsrahmen für
die Interpretation bieten. Die unterschiedlichen Perspektiven
der Beteiligten bereichern den Arbeitsprozess um viele
Detailinformationen und verdichten ihn zu einem Gesamtbild.
Szenisch-musikalische Arbeit: |
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Arbeit an Haltungen - (Sing-, Sprech-,
Geh-Haltungen sowie musikalische Haltungen.) |
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Bilder - (in Form von Standbilder, Statue, die
in Paaren oder Gruppen erarbeitet werden) |
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Spielen - (szenisches Lesen, musikalische Improvisation,
Rezitativ-Singen, ...) |
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Präsentationen - (in denen die Arbeitsergebnisse
veröffentlicht werden). |
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Ausfühlung:
In der Differenz von Erlebnisperspektive/ Rolle und eigener
Person wird die Reflexion vorbereitet.
Reflexion:
In der Reflexion werden die Unterrichtserlebnisse zu Erfahrungen
verarbeitet, indem diese Erlebnisse mit den Perspektiven
der anderen Spieler und der Beobachter (Selbst- und Fremdwahrnehmung)
konfrontiert, mit (musikwissenschaftlichen) Texten und
Partituren verglichen oder mit der Gegenwart in Beziehung
gesetzt werden.
Die fünf Phasen können sich auch durchmischen.
In vielen Spielprozessen sind szenisch-musikalische Arbeit
und Reflexion eng miteinander verknüpft und wechseln
sich in schneller Folge ab.
Die einzelnen Methoden zu den Phasen sind bei Brinkmann,
Kosuch Stroh (2001) ausführlich beschrieben und werden
bei der Entwicklung von neuen Unterrichtseinheiten ständig
erweitert.
Zu den Bereichen Lied, Orchestermusik und Musiktheater
gibt es zahlreiche komplett ausgearbeitete Spielkonzepte,
die sowohl die Arbeitsweise begründen, als auch detaillierte
Unterrichtsverläufe mit umfangreichen Schülermaterialien
bietet (siehe Materialien
und Angebote und Universität
Oldenburg . |
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aktuell |
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Gaetano Donizetti Maria Stuart |
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21. + 22. September 2006 | 10 - 17 Uhr
Info Basiskurs
für Studierende und Lehrende
Staatsoper Unter den Linden, Berlin |
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